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Spiel Theater

Operation Lemgo

Zwei Monate Schulentwicklung durch Kunst

Was tun, wenn eine Schule nicht mehr funktioniert? Wenn Klassen kaum mehr unterrichtet werden können, Lehrer*innen frustriert sind, Eltern unzufrieden sind und die Atmosphäre angespannt ist? Wenn Schüler*innen beklagen, dass sie kaum etwas lernen, sich nicht gehört fühlen und Übergriffe an der Tagesordnung sind? Und wenn ein Großteil des Unterrichts krankeitsbedingt entfällt? 

sideviews war eingeladen, ein interdisziplinäres Projekt einzurichten, um den Vertretungsunterricht abzufangen und organisatorisch auf die ständigen Wechsel flexibel zu reagieren. Über zwei Monate wurde eine große temporäre Werkstatt eröffnet, die täglich verschiedene Klassen aufnahm. Die Grundschulkinder setzten sich mit ihrer Schulkultur auseinander und nutzten dafür vielfältige künstlerische Methoden. Sieben Künstler*innen von sideviews begleiteten sie, indem sie im Rahmen einer offenen Werkstatt Workshops anboten: Theaterimprovisation, Film, Dokumentation, Boxen, Songwriting, Rap, Bühnen- und Kostümbild, Modellbau, partizipative Raumentwicklung, Performance, Bildende Kunst, Fotografie und Tanzchoreografie.

Den Bedürfnissen der Kinder folgend wurden Themen herausgearbeitet und weiterentwickelt: Angefangen beim Etablieren von Regeln und einer Gesprächskultur, über die Erforschung von sensiblen Punkten im Schulalltag, bis hin zu der Entwicklung einer Kommunikations- und Willkommenskultur. Durch z.B. Gespräche, Interviews, Auftritte, Einladungen und performative Elemente wurden schließlich gemeinsame Projektziele erarbeitet.

Beteiligung, Selbstwirksamkeitstraining und tägliches Üben von Empathie und Streitkultur förderten ein demokratisches Verständnis, um so Schritt für Schritt Veränderungen in Gang zu setzen. Die herausgefilterten Themen durchdrangen alle Workshops, indem sie auf künstlerischer Ebene bearbeitet und erfahrbar gemacht werden konnten. Prozesse wurden laufend dokumentiert und für die Schulöffentlichkeit sichtbar gemacht. Die Schüler*innen wurden in Kleingruppen unterstützt und konnten entlang ihrer Interessen und Bedürfnisse eine Vision ihrer Schule entwerfen. Sie beschäftigten sich spielerisch und künstlerisch mit ihrer Willkommenskultur. Mit Nutzungsmöglichkeiten und Umdeutungen von Schulräumen. Mit Regeln, Techniken und Konzentration beim Boxen. Mit ihren unterschiedlichen Sprachen. Mit Selbstpräsentation, Improvisation, Songwriting und Dichten. Mit Theaterszenen über den Schulalltag, sowie deren Präsentation und Auswertung. Mit Tanz- und Bewegungsarbeit als künstlerische Intervention und mit Rap. 

Entstanden ist schließlich ein Pop Up Café, das gleichzeitig als „Open House für künstlerische Präsentationen“ diente. Auch nicht am Projekt beteiligte Schüler*innen konnten hier auf der Bühne zeigen, was sie können. Das Café war so eingerichtet, dass es selbstorganisiert weitergeführt werden konnte.